Internationale Sommerschule in Woronesh

Internationale Sommerschule in Woronesh

Institution
STAATLICHE UNIVERSITÄT WORONESH
Ort
Woronesh, Rußland
Land
Russian Federation
Vom - Bis
23.08.2005 - 14.09.2005
Bewerbungsschluss
01.06.2005
Url
Von
Dietmar Wulff

INTERNATIONALE SOMMERSCHULE, 24.8. - 14.9.2005
”RUSSLAND - EIN IMPERIUM UND SEINE REGIONEN”

STAATLICHE UNIVERSITÄT WORONESH
HISTORISCHE FAKULTÄT

Das Bild von Russland im Westen wird noch immer von den Hauptstädten Moskau und St. Petersburg geprägt. Sie symbolisierten das Russische Reich, später die Sowjetunion, gerade sie galten als die Inkarnation imperialer Ambitionen. Wenig beachtet hingegen wurde, dass es neben den zahlreichen von nichtrussischen Völkern bewohnten Territorien auch russische Regionen gibt, die über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und Eigenleben verfügen. Je nach Standpunkt gilt die russische Provinz heute als Träger zukunftsweisender emanzipatorischer Kräfte oder als Garant russländischer Rückständigkeit.

Die Universitätsstadt Woronesh, 600 km südlich von Moskau nahe des Don gelegen, bietet hervorragende Möglichkeiten, um sich mit dem Wechselverhältnis von Zentrum und Peripherie in der russischen Geschichte und Gegenwart vertraut zu machen. Der Blick aus der Tiefe der russischen Provinz ermöglicht Einsichten, die in Moskau oder St. Petersburg nur schwer zu erlangen sind. Zum anderen ist Woronesh selbst Zentrum einer interessanten, eigenständigen Region mit einer eigenen Geschichte, dem Zentralen Schwarzerdegebiet.

Die 1918 gegründete Staatliche Universität Woronesh gehört sie zu den großen klassischen Hochschulen in Russland. An der traditionsreichen Historischen Fakultät lehren und forschen herausragende Wissenschaftler, unter ihnen allein 16 Professoren. Die Sommerschule bietet Studierenden der Geistes- und Sozialwissenschaftler deutscher Hochschulen die Gelegenheit, sich über die Forschungen von renomierten Historikern aus Woronesh, Rostow am Don und Saratow aus erster Hand zu informieren. Kombiniert mit intensivem Sprachunterricht und gehaltvollen Exkursionen zu historische Sehenswürdigkeiten abseits der üblichen touristischen Routen im Herzen Russlands vermitteln Vorlesungen und Seminare ein nachhaltiges Bild von der imperialen Vergangenheit und der regionalen Vielfalt Russlands.

Leitung: Prof. Dr. Anatolij Z. Winnikow, Dekan der Historischen Fakultät
Dr. Dietmar Wulff, Langzeitdozent des DAAD/Historische Fakultät (Wissenschaftliche Leitung)
Dr. Jurij F. Epifantsew, stellvertretender Prorektor (Organisatorische Leitung)

Zielgruppe
Für die Sommerschule können sich Studierende deutscher Hochschulen der Geistes- und Sozialwissenschaften aller Studiengänge bewerben. Studierende anderer Hochschulen, soweit sie die deutsche und englische Sprache beherrschen, sind ebenfalls willkommen.

Bewerbung
Studierende, die den Wunsch haben, an der Sommerschule der Historischen Fakultät der Staatlichen Universität Woronesh teilzunehmen, senden ein formloses Bewerbungsschreiben sowie den ausgefüllten Fragebogen (Link zum Fragebogen) an Dr. Dietmar Wulff.
Anforderungen
Es werden keine Kenntnisse der russischen Sprache vorausgesetzt. Alle Vorträge und Seminare werden in Deutsch oder Englisch angeboten. Die Exkursionsleitung erfolgt in deutscher Sprache. Grundkenntnisse der russischer Geschichte und Gegenwart sind wünschenswert.

Teilnehmerzahl
Mindestteilnehmerzahl: 15 Studierende
Maximalteilnehmerzahl: 25 Studierende

Kursgebühren/Bezuschussung
Für die Teilnahme an der Sommerschule werden Gebühren in Höhe von 1200,- € erhoben. In dieser Gebühr sind die Kosten für alle Seminare und Vorträge, für den Russischunterricht, für alle Exkursionen, für Unterbringung und Verpflegung sowie für den Transfer vom und zum Bahnhof in Woronesh enthalten.
Die Kursgebühren umfassen die Kosten für die Hin- und Rückreise, Krankenversicherung und etwaige Visagebühren. Die von der Universität ausgewählten Bewerber erhalten von der Universität eine schriftliche Zusage, mit der sie sich im Rahmen des Programms „Go East“ bei Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) um einen Zuschuss bewerben können. (E-mai: wax@daad.de).

Sommerschule
Die Sommerschule der Staatlichen Universität Woronesh besteht aus einem Sprachintensivkurs für Anfänger, Seminaren und Vorträgen zum Thema „Russland – ein Imperium und seine Regionen. Imperiale und zentrifugale Tendenzen in Geschichte und Gegenwart“ und einem Exkursionsprogramm. Das Schwergewicht der Sommerschule bildet der Fachkurs. An Werktagen findet der Sprachunterricht vormittags statt. Der Nachmittag bleibt je einer Seminarsitzung und einem Vortrag vorbehalten. Die Wochenenden sind dem Exkursionsprogramm gewidmet.

Sprachkurs: Nach der Anreise in Woronesh erfolgt die Einteilung der Teilnehmer je Sprachkenntnisse in kleine Gruppen. Als Dozenten fungieren ausgewiesene und im Umgang mit Sprachunkundigen erfahrene Sprachlehrer. Der Sprachunterricht nimmt täglich 2-3 Stunden in Anspruch. Angeboten werden neben dem Erwerb umgangssprachlicher Fähigkeiten auch Komponenten der Fachsprache.

Fachkurs: Im Zuge der Reformen Peters I. entstand das Petersburger Imperium, das bis zum 1. Weltkrieg und den Revolutionen des Jahres 1917 fortexistierte. In der Sowjetunion bestand es unter geänderten ideologischen Vorzeichen und auf anderer Grundlage weiter, wobei der imperiale Anspruch bis heute nicht aufgegeben wurde. Das Reich zeichnete ein hegemonialer Anspruch auf Nordost- und Ostmitteleuropa aus, es strebte auf der Basis seiner politischen und militärischen Potenz nach territorialer Expansion. Dem Zentralstaat des Riesenreiches gebührte eine Schlüsselrolle. Er prägte die sozialen und ökonomischen Wandlungsprozesse. Der Staat durchdrang alle Lebenssphären, allein er schien fähig zu sein, den Rückstand zum Westen aufzuholen. Der zentralisierte Staat galt in Russland als Garant des Fortschritts schlechthin. Oft wird allerdings übersehen, dass der russische Zentralstaat bis in das 21. Jahrhundert hinein weite Teile des Landes gar nicht erreichte. Dieses Vakuum ließ Freiräume unterschiedlichen Ausmaßes für die Ausprägung regionaler Eigenständigkeit sowie für kulturelle und soziale Sonderentwicklungen entstehen. Die gegenwärtigen Versuche von Präsident Putin, die Machtvertikale in Russland zu stärken, sind Ausdruck dieses Dilemmas. Im Fachkurs soll das Spannungsfeld zwischen dem universalen imperialen Führungsanspruch des russischen Staates und dem Streben ausgewählter Regionen (Zentrales Schwarzerdegebiet, Wolga-Gebiet) nach Eigenständigkeit und Subsidiarität ausgeleuchtet werden.

Im Mittelpunkt des Fachkurses stehen zwei Seminare, die auf einander aufbauen. Um diese gruppieren sich Vorträge, die von führenden Historikern, Politologen und Philosophen aus Woronesh, Saratow, Rostow und anderen Städten gehalten werden. Auch Politiker aus der Region sollen zu Wort kommen. Ferner ist ein gemeinsamer Workshop mit Vertretern der Nachwuchsforschergruppe „Erinnerungskulturen in den Ländern Mittel- und Osteuropas“ der Staatlichen Universität Woronesh vorgesehen. Den Teilnehmern wird für beide Seminare ein Reader zur Verfügung gestellt.

Seminar 1 „Russland und der Westen: Imperiale Ambitionen, Konkurrenz und Anziehung“ – Leitung: Dr. Sergej G. Allenow: Im Mittelpunkt des Seminars steht das immer wieder thematisierte widerspruchsvolle Problemfeld des Verhältnisses Russlands zum Westen. Der Westen stand den imperialen Bestrebungen Russlands im Wege, Russland konkurrierte mit dem Westen auf zahlreichen Feldern. Gleichzeitig übte der Westen, vor allem Westeuropa, auf Russland eine starke Anziehungskraft aus, was auch umgekehrt zutraf. Gefragt wird nach den wechselseitigen Einflüssen seit dem Mittelalter, nach der Wahrnehmung des Westens im gesellschaftlichen Denken in Russland im 19. und 20. Jahrhundert, nach dem Wechselverhältnis zwischen der „Europäisierung Russlands“ und der „Russifizierung“ Europas sowie nach Perzeption des jeweils Anderen in der Gegenwart. Im Zentrum stehen ideen- und kulturgeschichtliche Fragestellungen.

Seminar 2 “ Erfundene Regionen? Regionen und Regionalismus in Russland“ – Leitung: Dr. Dietmar Wulff: Im Mittelpunkt des Seminars stehen die bislang von der historischen Forschung vernachlässigten Regionen in Russland, vor allem das Zentrale Schwarzerdegebiet und die benachbarte Wolga-Region. Auf der Grundlage moderner regionalgeschichtlicher Methoden werden diese historischen Räume in ihrem Spannungsfeld zu den traditionellen Zentren Russlands, Moskau und St. Petersburg, in ihrer Vielfalt und geschichtlichen Wirksamkeit ausgeleuchtet. Im Rahmen des Seminars sollen Fragen nach den konstituierenden Elementen dieser Regionen und nach dem zentrifugalen Potential der ihnen innewohnenden Regionalismen erörtert werden. Behandelt wird auch das Problem, inwieweit diese Regionen durch die Hauptstädte konstituiert, gewissermaßen erfunden wurden bzw. in welchem Maße ihre Eigenständigkeit in immanenten geographischen, historischen und kulturellen Entwicklungen wurzelte.

Vortragsprogramm:
Im Rahmen des Vortragsprogramms halten ausgewiesene Wissenschaftler Vorträge zu verschiedenen Aspekten des Themas der Sommerschule. Insbesondere geht es um die Geschichte des imperialen Denkens in Russland, um Geschichte und Gegenwart des Zentralen Schwarzerdegebietes und der Wolga-Region, um das Spannungsfeld zwischen dem Machtzentrum Moskau und den russischen Regionen im gegenwärtigen Transformationsprozess sowie um die Perspektiven dieses Verhältnisses. Für weitere Vorträge sollen Politiker aus der Region als Referenten gewonnen werden. Ein weiterer Vortrag macht die teilnehmenden Studierenden mit Problemen und Besonderheiten russischer Wissenschafts- und Studienkultur vertraut.

Exkursionsprogramm: Das Exkursions- und Kulturprogramm beinhaltet außer einer Stadtführung durch Woronesh auch Ausflüge zu den Klöstern von Sadonsk („Russisches Jerusalem“) (110 km), zu den Ausgrabungsstätten von Diwnogorje (Reich der Chasaren) (120 km) und dem anliegenden Höhlenkloster sowie zum historischen Gestüt Chrenowoje (80 km), der Heimat der Orlow-Rennpferde. Ferner sind Exkursionen zu dem heute zum Museum ausgebauten Adelsgut Wenewitinovo sowie zu dem Nahe Woronesh gelegenen Schloss der Grafen von Oldenburg in Ramon geplant.

Woronesh verfügt über zahlreiche hochwertige Kultureinrichtungen, darunter ein historisches und ein Kunstmuseum, eine Philharmonie, ein Opern- und drei Sprechtheater. Die Eintrittspreise sind ausgesprochen moderat. Im Rahmen der Sommerschule ist der Besuch eines klassischen Konzertabends vorgesehen. Da es sich bei Woronesh um eine Stadt handelt, in der mehrere zehntausend Studenten leben, gibt hier es mehrere Diskotheken und Klubs. In den letzten Jahren sind zahlreiche Restaurants und Cafes entstanden, in denen man für wenig Geld gut speisen und trinken kann. Darüber hinaus wird es die Gelegenheit für gemeinsame Abende am Lagerfeuer, dem berühmten russischen „Schaschlyk“, geben.
Zertifikat

Die Teilnehmer der Sommerschule erhalten nach erfolgreichem Abschluss ein offizielles Zertifikat der Staatlichen Universität Woronesh.

Visum
Nach der Zusage durch die Leitung der Sommerschule erhalten alle Teilnehmer eine offizielle Einladung durch die Staatliche Universität Woronesh. Mit dieser Einladung kann bei einem Konsulat der Russischen Föderation in Deutschland ein Visum beantragt werden, das in der Regel kostenfrei ist. In Ausnahmefällen kann die Einreise auch mit einem normalen Touristenvisum erfolgen.

Anreise
Bahn: Kurswagen Berlin-Woronesh, Abfahrt samstags – Ankunft montags, 44 Stunden
Woronesh-Berlin, Abfahrt donnerstags – Ankunft samstags.
Flug: Flug von verschiedenen deutschen Flughäfen nach Moskau (Aeroflot, Lufthansa,
Germania, Sibir, Transaero, ab Juni Germanwings)
Weiterreise – Flug: ab Moskau-Domodedowo mit der Fluggesellschaft „Polet“ (gegenwärtig Abflug 21.30 Uhr), 70 Minuten, ab 2300 Rubel = 64 €. Das Flugticket kann nur in Russland erworben werden.
Weiterreise – Zug: mehrere Züge, am bequemsten Zug Nr. 25 - ab Moskau-Paweletski 20.45 Uhr, an Woronesh 8.05 Uhr, Schlafwagenabteil für 2 oder 4 Personen, Preis: ca. 60 bzw. 30 €. Zugticket kann an Schaltern der Deutschen Bahn erworben werden. Immer den korrekten Abfahrtsbahnhof eingeben lassen!
Weiterreise – Bus: ab Moskau-Paveletski 14.00 Uhr und 20.00 Uhr, Fahrtzeit 8 Stunden, Preis: ca. 15 €. Das Busticket wird direkt am Bus erworben

Unterbringung und Verpflegung
Das erste Drittel der Sommerschule findet im Erholungslager der Universität „Wenewitinovo“ statt. Das Erholungslager ist in einer ausgedehnten Waldzone am Ufer des malerischen Flusses Usmanka in einer Entfernung von 20 km von Woronesh gelegen. Die Unterbringung erfolgt in praktischen Zweibettzimmern in festen Häusern. Die letzten beiden Drittel der Sommerschule finden in der Stadt Woronesh statt. Für die Unterbringung sind Zweibettzimmer in universitätseigenen Wohnheimen vorgesehen.
Die Verpflegung (Frühstück, Mittag, Abendbrot) erfolgt in der Cafeteria des Erholungslagers „Wenewitinovo“ bzw. des Wohnheims. Für die Exkursionen werden Lunchpakete ausgegeben. Auf Wunsch kann vegetarische und Diätkost gereicht werden.

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Land Veranstaltung
Arbeitssprache(n)
Deutsch
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